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Ihr wisst schon, dass ihr ein bisschen verrückt seid

So, oder so ähnlich lauteten in den letzten Jahren viel eurer Kommentare hier. Was soll ich sagen, ihr habt recht! Wie kann man auf die Idee kommen, über 6 Stunden mit dem Rennrad einen Berg hochzufahren, dabei ein paar Klimazonen zu durchqueren und sich dem zunehmenden Sauerstoffmangel auszusetzen? Darauf gibt es keine wirklich sinnvolle Antwort. Am ehesten ist es wohl die Suche nach dem ungewöhnlichen Abenteuer und das Austesten der eigenen Grenzen.

Aber solche Gedanken machen wir uns eigentlich vorher gar nicht. Wir suchen solche Herausforderungen, finden sie toll und gehen sie dann an. Dabei denken wir nicht an die Schwierigkeiten, die damit verbunden sein könnten, sondern hauptsächlich an die einmaligen Erlebnisse, natürlich nicht ohne die damit verbundenen Risiken und die Machbarkeit abzuwägen. Dann entscheiden wir uns und beginnen mit der Vorbereitung.

So war es auch diesmal. Die Vorbereitung verlief allerdings nicht ganz störungsfrei, denn die eine oder andere Krankheit warf uns immer wieder zurück, so dass insbesondere Uta nicht in bester Form nach Kolumbien gereist ist.

Aber was sie dann gestern wieder einmal abgeliefert hat, lässt mich an meiner Trainingsmethodik zweifeln. Ganz offensichtlich ist bei ihr weniger mehr.

Genug der Vorrede und mit so vielen Worten wird der Bericht euch auch nicht langweilen, sondern mit vielen Bildern dieses epischen Abenteuer beschreiben.

Los ging es am frühen Morgen in Mariquita bei bereits 25 Grad und nahezu 100% Luftfeuchtigkeit. Die Trikottaschen und kleinen Oberrohrtaschen waren voll gepackt mit Riegeln, Gels und ähnlichen „Leckereien“ und natürlich die Trinkflaschen gut gefüllt. Entsprechender Nachschub war in den Begleitfahrzeugen verladen.

Nach einer kurzen Einrollphase kamen wir an den Beginn der Auffahrt.

Es ging gleich ordentlich steil los und so kamen wir in der Hitze sehr schnell auf Temperatur. Wir fuhren viele Kilometer durch einen tropischen Regenwald, der sich aber auch immer wieder für ein paar schöne Aussichten auf die schnell näher kommende Bergkette der Anden öffnete. Obststände am Straßenrand boten ihre leckeren Früchte an. Zum Anhalten blieb natürlich keine Zeit.

Nach einer Weile öffnete sich die dichte Vegetation immer mehr und gab den Weg für die Sonne fast vollständig frei, die uns ordentlich einheizte. Zum Glück gab es ab und zu eine kleine Abfahrt, die sowohl zu Erholung, als auch zur Abkühlung diente.

Aber da es immer höher hinaus ging, kühlte sich die Luft dann langsam auch ab und nach 25 km erreichten wir auf 1500 Metern Höhe den Ort Fresna.

Noch kein Anlass für einen ersten Zwischenstopp. Weiter ging es nach oben mit unvergesslichen Ausblicken. Am Straßenrand immer wieder kleinere Ansiedlungen, Buffets, Cafés und Obststände. Der Verkehr war erträglich, auch wenn uns ab und zu riesige Trucks entgegen kamen oder überholten.

Nach gut 45 Kilometern an einem tollen Aussichtspunkt hielten wir zum ersten Mal an und frischten unsere Vorräte auf. Gleichzeitig erfolgte mit unseren Begleitern der Check, wie wir uns fühlten, denn nun ging es langsam in den Bereich mit dem deutlich sinkenden Sauerstoffgehalt der Luft. Aber wir fühlten und sehr gut und gingen optimistisch in den nächsten Abschnitt.

Bei Uta war der berühmte Dieselmotor inzwischen auf volle Betriebstemperatur gekommen und anfängliche mentale Probleme (“ … und das soll ich jetzt noch 6 Stunden lang machen? …“) waren längst vergessen. Wir dachten nämlich nie an das Ende, sondern nur bis zur nächsten Kurve, dem nächsten Griff zu Trinkflasche oder zu einem „leckeren“ Happen. Essen und Trinken waren von entscheidender Bedeutung. Wir haben uns sehr darauf konzentriert, aller 10 Minuten zu trinken und mindestens aller 20 Minuten zu essen. Nur so konnten wie die nötige Energieversorgung aufrecht erhalten.

Den 2. Stopp machten wir nach ca. 68 km, etwa 15 km vor dem Gipfel, noch etwas unter 3000 Metern Höhe und fast in den Wolken. Da wir diese nun bald durchqueren würden und es immer kälter wurde, zogen wir zum Schutz leichte Westen und Uta Armwärmer an. Wir hielten uns nicht lange auf und weiter ging es in die „Todeszone“, wo man den Sauerstoffmangel mit seinen ganzen Auswirkung dann deutlich merken sollte.

Der Wettergott ist offensichtlich Rennradfahrer, denn über den Wolken blieb es trocken, teilweise sogar sonnig und mit über 10 Grad ganz angenehm , so dass von der Seite keine zusätzlich körperliche Herausforderung drohte. Bei ca. 3500 Metern merkte zumindest ich dann doch deutlich den fehlenden Sauerstoff. Aber wahrscheinlich hatte ich nur das richtige Atmen vernachlässigt. Ein paar Minuten und tiefe Atmenzüge im richtige Rhythmus später waren Kopf und Körper aber wieder klar und bereit für die letzten 200 Höhenmeter. Der unspektakuläre Gipfel tauchte auf und Uta setzte (für das Foto) zum „Endspurt“ an.

Dann war es vorbei. Unglaublich! Adrenalin und Glückshormone schossen durch den Körper und machten die Anstrengungen schnell vergessen. Nach dem obligatorischem Gruppenbild vor dem Passschild ging es ins Auto, um den Bereich der sehr dünnen Luft schnell zu verlassen.

Die Abfahrt auf die andere Seite der Andenbergkette nach Manizales, das auch noch auf über 2200 Metern liegt, verging schnell. Den Rest des Tages verbrachten wir in einem wiederum sehr schönen Hotel mit Essen und Ausruhen.

Inzwischen habe wir uns auch ausgeschlafen und gehen gut erholt in einen Transfer- und Ruhetag, der uns ins sogenannte Kaffedreieck führt, wo wir die Tour bis Freitag fortsetzen.

5 Comments

  1. Torsten
    Torsten 16. Juli 2024

    Das mit dem regelmäßigen Essen und Trinken klingt wirklich sehr gut. Ich frage mal Ole, ob wir uns nicht auch mal so eine Tour ( kommt das Wort etwa von Tortur???) vornehmen sollten 😂😂😂!
    Habt weiter viel Freude und überschreitet die Grenzen nicht!

  2. Christine
    Christine 16. Juli 2024

    Ihr habt es geschafft!! Glückwunsch 🎈 Was soll man weiter dazu sagen, habt noch ein paar tolle Tage! LG

  3. Uwe
    Uwe 16. Juli 2024

    Der Überschrift braucht man eigentlich nix hinzuzufügen. 🙈 😅
    Herzlichen Glückwunsch

  4. Marion
    Marion 16. Juli 2024

    🏆😄 Echt stark!!! 😅
    Ihr könnt wirklich sehr stolz auf euch sein. 🍀🤗

  5. Ole
    Ole 16. Juli 2024

    Gratulation und absoluter Respekt vor dieser Leistung!
    Man fragt sich jetzt: was kann da noch kommen? Aber wie wir Euch kennen, arbeitet Ihr bald an der nächsten verrückten Idee!
    Torstens Idee in allen Ehren- ich denk mall drüber nach 😂😂😂

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